KR888888

03/01/2021

ACHTSAMKEIT
FÜR
KREATIVE
PROJEKTE

EINE
ANLEITUNG
FÜR
KREATIVE
+
AUFTRAG
—GEBER
*INNEN

Für gewöhnlich schreiben wir um diese Jahreszeit eine kleine Evaluation für kommende Designtrends. Statt den "Design Trends 2021" habe ich mich dafür entschieden die vergangenen vier Jahre von KR8 als autonomes Designstudio zu reflektieren.

Dabei fällt auf, dass Klienten, die das erste mal eng mit Kreativen zusammenarbeiten manchmal gar nicht so viel Insight zu dem haben, was in der Rolle des Kreativen passiert. Kreative, auf der Gegenseite, nehmen sich oftmals nicht die Zeit zu reflektieren, was sie alles leisten und betrachten Dinge nur in der Mikroebene. Dabei geht das Evaluieren des gesamten Projekts unter.

Diese Anleitung soll Verständnis für beide Seiten, gegenseitige Wertschätzung und Respekt schaffen, um den Weg für ein großartiges Projekt zu ebnen.

KREATIVE
PROJEKTE
+ GUTE
ZUSAMMEN-
ARBEIT

Unsere besten Projekte laufen mit Kunden, bei denen sich über die Jahre eine enge gemeinsame Freundschaft und vertraute Basis entwickelt hat. Mit der Zeit kennt man sich so gut, dass jeder weiß, wie der andere tickt. Prozesse funktionieren reibungsloser und jede Seite weiß, was sie sich erwarten kann. Projekte laufen wertschätzend, die Ergebnisse funktionieren und die Begeisterung inspiriert und gibt Energie für die nächsten Schritte.

DIE
ROLLEN
VERSTEHEN

KREATIVE

sind nie nur Dienstleiser*innen, die "schnell mal eben kurz fix" (sic!) etwas umsetzen. Sie sind immer Kompetenzen. Menschen, die Bildung und Praxis genossen haben und ihren ganz eigenen "Take" mit an den Tisch bringen. Der Vorteil dieser Perspektive ist, dass sie von Aussen ist. In der Bubble des eigenen Geschäftsalltags können wir Prozesse und Einflüsse von aussen weniger wahrnehmen. Diese Perspektive werden Kreative mit in das Projekt bringen.

AUFTRAGGEBER*INNEN,

im Gegensatz dazu, verstehen ihr Tagesgeschäft und kennen die eigenen Bedürfnisse. Sie wissen um das Investment in ein kreatives Projekt und erwarten sich zielführende Ergebnisse. Details und Zahlen dieser Prozesse helfen Kreativen die Seite der Auftraggeber*innen besser zu verstehen.

Am Anfang eines jeden Projektes ist es essentiell, sich den Raum zu geben, um einander kennenzulernen und Respekt für die Rolle des Anderen zu geben. Durch Daten, Surveys und Recherche gelingt es unausgesprochene Erwartungen, Gefühltes und Empirisches zu strukturieren.

PROJEKTE
GELINGEN
DURCH
GEMEIN
—SAME
ZIELE

Die gegenseitige Rolle und die Kompetenz des anderen zu achten, ist ähnlich wie der Aufbau einer emotionalen Partnerschaft. Klar kann man denken "Hier geht es nur um einen Job, der bewältigt werden muss." Jedoch bringt ein kreatives Projekt mehr Potential für emotionale Erwartungshaltung mit. Auf beiden Seiten. Kund*innen haben eine gewisse Vorstellung und Kreative wollen dieser gerecht werden. Dabei wollen sie jedoch nicht nur Kundenwünsche befriedigen, sondern auch ein Projekt mit geballter Kompetenz und bestem Resultat abschließen.

Wichtig ist die gemeinsame geschaffene strategische Entscheidungsgrundlage und Milestones, damit nicht nur Erwartungen und Gefühle befriedigt werden. Dies kann ein Process Paper, ein Milestone Journal, ein Moodboard oder gar eine Brandmap sein.

PLANUNG
SCHÜTZT
VOR
FRUST

RESPEKT
IST ETHOS

Sind Rollen klar definiert, die Ziele gesteckt und die Direktion des Projektes bestimmt sein, gibt es weniger Potential für Frustration auf beiden Seiten. Wenn auch noch das Timing klar definiert ist, so haben beide Seiten genügend Zeit sich auf den nächsten Milestone vorzubereiten. Kreative arbeiten am praktischen Teil des Projekts während Kund*innen eventuelle Neustrukturierungen, Events, Presse, oder ähnliches in die Wege leiten können.

Versucht sicher zu stellen, dass alle offenen Fragen zum Budget, zur Zeit und zur Direktion spätestens zu Beginn der praktischen Umsetzung geklärt sind. Eine offene Ansprache dieser Dinge verhindert Konflikt und Frustration.

STRESS
KILLT
KREATIVITÄT

Als Kreativer erfüllt man viele Rollen: Man muss analysieren und recherchieren. Man muss mit Kund*innen und Kolleg*innen kommunizieren. Man muss Raum schaffen, ganz ähnlich wie bei der Meditation, um sich auf den kreativen Prozess einzulassen und die richtigen Ideen zu finden.

Gut zu wissen ist, dass eine kreative Leistung kein einfaches Hinsetzen und Abarbeiten ist. Kreative arbeiten oft unterbewusst. So formt das Gehirn die Ideen beim Jogging, beim Einkaufen, beim Bier mit Freunden, oder gar beim Lesen eines Buches. Als Kreative*r sollte man beachten, dass auch diese Zeit "Arbeit" ist und achtsam mit sich umgehen.

Überlege, was dich, egal ob Auftraggeber*in oder Kreative*r ins Wanken bringt. Welche Situation erzeugt Stress? Baut eine Strategie in eurem Prozessplan ein, die gegenwirkt. Egal ob's das Timing, das Spammen mit unnötigen Nachrichten, oder zu viele Calls sind — sprecht diese Dinge klar und freundlich an.

DER
INNERE
KRITIKER

In kreativer Arbeit ist nicht nur das Feedback von Kund*innen (konstruktiv) wichtig. Der "innere Kritiker" ist die kleine Stimme im Kopf, die einen ermutigt oder zurückhält. "Dafür bist du nicht gut genug. Du bist noch nicht bereit. Sowas hast du noch nie gemacht. Wie willst du das schaffen?" — Diese Stimme ist zwar ein mentaler Schutzmechanismus, der uns vor Ärgstem bewahren will, aber nicht immer unser bester Freund. Wie gehen wir mit dieser Stimme um, wenn sie ein Arschloch ist?

— Gib der Stimme einen Namen.
— Versuche zu spüren, wie diese Stimme mit dir spricht.
— Ist die Stimme fürsorglich? Aggressiv? Aufmunternd?
— Würdest du gerne mit dieser Stimme befreundet sein?
— Was würde dein*e beste*r Freund*in zu deiner Verteidigung sagen?

Was beruhigt
deinen Geist
und gibt
dir Energie?

ABKAPSELN
+ ATMEN

Der kreative Geist arbeitet ständig. Denn die besten Ideen kommen nicht zwangsläufig am Schreibtisch beim Arbeiten in einem Computerprogramm.

Ziehe als Kreative*r klare Grenzen zwischen Arbeitszeiten und privater Zeit. Ein kreativer Geist muss irgendwann zur Ruhe kommen können und abschalten, sonst fängt man schnell an emotional auszubrennen. Kundenkommunikation sollte daher innerhalb der Arbeitszeit bleiben. Ein Outlet, um den Geist zu entspannen könnten Spaziergänge, Meditation, Sport, Kochen oder alles sein, aus dem du Energie gewinnst.

KOMPETENZ
ERLAUBEN

Vorher schon angesprochen: die Erwartungshaltung. Die kommt dann wieder hervor, wenn man kreative Ergebnisse und Entwürfe präsentiert bekommt und evaluiert. Hast du als Auftraggeber*in etwas ganz Spezifisches im Kopf gehabt? Ist das Ergebnis abweichend? Ist es genau treffend?

Je besser ihr vorher Strategie, Richtung und Methode definiert habt, desto weniger Entäuschungen bringt ein Projekt.

Überprüfe auch, wie du das Projekt bewertest. Ist es nur Bauchgefühl? Ist es vielleicht nicht dein Geschmack? Und ist das dann überhaupt relevant? Oder kann es sein, dass vielleicht genau das, was du nicht kennst sogar besser funktioniert? Ein Blick auf das Strategie–Paper kann schnell aufklären, wer auf die Arbeit anspringen muss und wie sie bei gewissen Zielgruppen wirkt.

Sollte der*die Kreative den richtigen Ton nicht getroffen haben, so empfehle ich in die strategische Phase zurückzukehren. Nach Gefühl weiterzugestalten ist nie zielführend und für beide Seiten eher ein stressiges "Topfschlagen im Dunkeln".

Kommuni
—kation
schafft
Empathie,
Vertrauen
und
Respekt.
Dabei
mindert sie
Stress und
fehlgeleitete
Erwartungen.

EVALUATION
+ HONORAR

In kreative Projekte fließt viel Arbeitszeit. Ein Logo ist nie in zwei Schreibtischstunden gestaltet, der richtige Text nie kurz mal in fünf Minuten geschrieben. Kreative Leistung ist Konzept, Idee, Handwerk und Zeit. Und das muss in Perspektive mit dem Nutzen gestellt werden.

Als Kreative*r, sei fair zu dir selber und verkauf dich nicht zu billig. Denn damit wirst du auch Schwierigkeiten haben im restlichen Projekt und in Zukunft Grenzen zu ziehen. Was nichts kostet ist selten etwas wert.

Als Auftraggeber*innen wägt bitte ab, was diese Investition für euch bedeutet. Ein kreatives Projekt ist immer Wertsteigerung und Perspektive für künftige Entwicklungen. Lasst Kreative nicht um euren Zuschlag pokern, sondern setzt realistische Budgets, mit denen beide Seiten klar planen können. Das ist nur fair.

EINE
LETZTE
REFLEXION

Ist ein Projekt beim gewünschten Milestone, empfehle ich ein gemeinsames Meeting, in dem ein konstruktiver Austausch stattfindet. Eventuell haben sich ein paar unausgesprochene Tendenzen entwickelt, von denen die Gegenseite gar nicht so viel mitbekommen hat.

Bringt alles konstruktiv jedoch empathisch auf den Tisch: Lob, Wertschätzung, Begeisterung. Aber auch: Dinge, die optimiert werden können, kleine Änderungen im Prozess oder in der Richtung.

Als Kreativ*er und Auftraggeber*in müsst ihr euch klar machen: Ihr arbeitet mit einem anderen Wesen zusammen, das nie perfekt wie eine Maschine funktionieren kann und auf Kommunikation, Gefühle und Lernprozesse angewiesen ist. Seht euch gegenseitig als geerdete Person, gebt euch Raum und seid dankbar, dass ihr füreinander da sein könnt.